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Gut besuchte Sitzung: Finanzierung der Straßensanierung


Öffentliche Fraktionssitzung

der FWG-Amöneburg am 30. Oktober 2019

zur Thematik der künftigen Finanzierung der Straßensanierung

 

 

Viele Straßen in der Kernstadt Amöneburg und in den Ortsteilen sind – wie vielerorts – in keinem guten Zustand. Klar ist, dass sich die Stadt zukünftig mehr der Straßensanierung widmen muss. Mit dem vom Hessischen Landtag am 24.05.2018 beschlossenen „Gesetz zur Neuregelung der Erhebung von Straßenbeiträgen“ wurde den Gemeinden gem. § 93 Abs. 2 KAG Ermessen eingeräumt Straßenbeiträge zu erheben. Im Falle der Beitragserhebung stehen der Gemeinde unterschiedliche Finanzierungsmodelle zur Auswahl: 1. Erhebung von Einmalbeiträgen oder 2. wiederkehrende Straßenbeiträge. Auch kann gänzlich auf eine Beitragserhebung verzichtet und es kann die Straßenbeitragssatzung aufgehoben werden. In diesem Fall muss die Finanzierung der Straßensanierung aus dem allgemeinen Haushalt erfolgen.

 

Die FWG Amöneburg möchte die künftige Finanzierung der Straßensanierung in Amöneburg nicht über die Köpfe der Menschen hinweg neu regeln. Unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger soll die beste Lösung für Amöneburg gefunden werden die am Ende auf größte Akzeptanz stößt. Die Amöneburger Bürgerinnen und Bürger sollen gehört und es soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden mitzudiskutieren, bevor die gewählten Gremien entsprechende Entscheidungen treffen.

 

Wir haben deshalb zu einer öffentlichen Fraktionssitzung am 30.10.2019 in das Bürgerhaus Amöneburg/Mardorf eingeladen bei der die Thematik der „Künftigen Finanzierung der Straßensanierung in der Großgemeinde Amöneburg“ thematisiert wurde. Ca. 90 Besucherinnen und Besucher sind der Einladung gefolgt und haben an der Informationsveranstaltung teilgenommen. Es wurden viele Fragen gestellt und es wurde lebhaft diskutiert.

 

Nachdem Karl Jennemann (Vorsitzender der FWG) die Anwesenden begrüßt und Informationen zum Ablauf des Abends gegeben hatte, stellte Rechtsanwalt Jörg Frank aus Marburg/Lahn die beiden Abrechnungsvarianten „einmalige Straßenbeiträge“ sowie „wiederkehrende Straßenbeiträge“ vor. Herr Frank war über 20 Jahre Erster Stadtrat in Bad Vilbel und ist ein ausgewiesener Fachmann mit langjähriger praktischer Erfahrung hinsichtlich der Thematik.

 

Einmalige Straßenbeiträge werden von den anliegenden Grundstückseigentümern per Beitragsbescheid eingefordert, deren Grundstücke über die betroffene Straße erschlossen sind. Dadurch kommt es zum Teil zu hohen Einmalzahlungen die von den betroffenen Anliegern nur schwer beglichen werden können. Auf großes Interesse stieß die Neuregelung des Landesgesetzesgebers aus dem vergangenen Jahr, wonach bei einmaligen Beiträgen die Beitragsschuld auf Antrag über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren ratenweise beglichen werden kann. Erläutert wurden die unterschiedliche Höhe der Kostenbeteiligungen für Anlieger- und Durchgangsstraßen und die Besonderheiten hinsichtlich der überörtlichen Kreis- und Landesstraßen. Besonders hervorgehoben wurde, dass bei dieser Beitragsvariante die Beiträge nicht auf die Nebenkosten bei Vermietungen „umlegbar“ sind, so dass Mieter nicht belastet werden. In der  Frage- und Diskussionsrunde  wurde häufiger die Frage  vorgetragen, wer und welche Kriterien letztendlich darüber entscheiden, welche Straße grundhaft zu sanieren ist und wer für einen erhöhten „Verschleiß“ einer Straße ggf. verantwortlich und wer vielleicht hierfür mit herangezogen werden kann.

 

Hinsichtlich der wiederkehrende Straßenbeiträge wurde ein weiteres denkbares Finanzierungsmodell vorgestellt. Sollte dies künftig in Amöneburg umgesetzt werden, müsste das Stadtgebiet zunächst in unterschiedliche Abrechnungsgebiete unterteilt werden. Die in einem Abschnitt anfallenden Sanierungskosten werden dann auf sämtliche Grundstückseigentümer innerhalb des Gebietes umgelegt. Positiv hervorgehoben wurde, dass im Gegensatz zu den Einmalbeiträgen die Kosten auf viele Schultern verteilt würden und dass das Land Hessen zur Bildung der Abrechnungsgebiete einmalig einen finanziellen Pauschalausgleich von 5 € je Einwohner zahlt. Bei dieser Variante kann außerdem im Rahmen der Umstellung ein Verschonungszeitraum festgelegt werden, für den Fall, dass kürzlich ein Grundstückseigentümer mit Einmalstraßenbeiträgen belastet wurde. Größere Probleme bestehen bei einer möglichen Umstellung ggf. hinsichtlich der jeweils rechtssicheren Bildung von Abrechnungsgebieten und die Ermittlung des von der Gemeinde zu tragenden Gemeindeanteils. In der zu dieser Variante geführten Frage- und Diskussionsrunde wurden z.B. die Berechnung der beitragsfähigen Kosten thematisiert oder auch die Frage, ob die Anwohner von Kreis- und Landesstraßen, anders als bei Einmalbeiträgen, auch zu Beitragszahlungen herangezogen werden können.

 

Bei der dritten Modellvariante standen eigene Überlegungen der FWG Amöneburg im Mittelpunkt die Karl Jennemann anschaulich und anhand von Beispielberechnungen darstellte. Das Modell sieht vor, dass die Straßensanierung in Amöneburg künftig aus dem kommunalen Haushalt finanziert wird. Hierfür würden die Straßensanierungsmaßnahmen als Komponente in die Grund- und ggf. Gewerbesteuereinnahmen integriert. Die aktuellen Grundsteuerhebesätze der Stadt, die im Landesvergleich äußerst niedrig sind, wurden bei der vorgestellten Modellrechnung jeweils auf etwa die Höhe der Nivellierungssätze des Landes erhöht. Die Steuererhöhung würde dabei im Mittel für einen Neubau eines Einfamilienhauses je nach Grundstücksgröße, Größe des Gebäudes und des Grundsteuermessbetrages zwischen 150 – 200 €/Jahr betragen. Für ein älteres ca. 100 Jahre altes Einfamilienhaus lägen die Steuererhöhungen bei ca. 60 – 100 €/Jahr und für eine ca. 25 Jahre alte Mietwohnung mit einer Wohnfläche von ca. 100 qm bei ca. 70 € im Jahr. Positiv hervorgehoben wurde dabei, dass diese Variante sehr einfach umzusetzen ist und kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entsteht. Außerdem würden alle Grundstückseigentümer im Stadtgebiet anteilig für die Sanierung der Straßen zahlen. Das wird von vielen als die gerechteste Finanzierungsvariante empfunden. Schließlich nutzt jeder die Straßen. In der anschließenden Diskussion wurde kritisch vermerkt, dass bei dieser Variante im Gegensatz zu den wiederkehrenden Beiträgen noch kein adäquater Ausgleich im Rahmen der Umstellung für diejenigen Grundstückseigentümer gefunden wurde, die kürzlich mit Einmalstraßenbeiträgen belastet wurden. Hinsichtlich der Feststellung, dass bei diesem Modell auch Mieter an den Kosten beteiligt werden und diese ihren Beitrag zur Sanierung der Straßen leisten müssen, wurden unterschiedliche Meinungen geäußert. Kritisch festgestellt wurde, dass zusätzliche Haushaltsmittel nicht zwangsläufig in die Straßeninfrastruktur fließen müssen, wenn die Haushaltslage defizitär ist: „Steuern sind prinzipiell nicht zweckgebunden.“ Die vorgesehen Ansätze für die Straßensanierung müssten mit der jährlichen Haushaltssatzung neu beschlossen werden. Dabei wäre eine gewisse Haushaltsdisziplin in Verbindung mit einer Selbstbindung der Kommunalpolitik“ notwendig. Das sollte aus unserer Sicht aber selbstverständlich sein.

 

Am Ende der Veranstaltung dankte Herr Jennemann dem Referenten Herrn Rechtsanwalt Frank für seinen informativen und neutralen Vortrag, ebenso allen interessierten Gästen für ihr Kommen. Der FWG-Amöneburg ist bewusst, dass keine Variante gefunden wird, mit der jeder zufrieden ist. Wir suchen aber mit den übrigen Fraktionen den bestmöglichen Kompromiss, der möglichst viele der in der Diskussion vorgetragenen Anmerkungen Rechnung trägt. Wir sind bereit, die Thematik aufzugreifen und eine Lösung zu finden, die von einer breiten Mehrheit mitgetragen wird. 

 


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